Im Zusammnehang mit Rekonstruktionen wird immer wieder von deren Kritikern gefordert, man müsse Brüche zeigen.
Diese Forderung kommt ganz besonders immer beim Wiederaufbau der Garnisonkirche.
So sagte z.B. der Direktor des Potsdamer Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF), Martin Sabrow in der PNN.
Er habe mehrfach für einen Wiederaufbau der Garnisonkirche plädiert, der aber auch die DDR-Geschichte „nicht ausklammert und überdeckt – sondern im Stadtbild verankert, dass die DDR-Baupolitik an dieser Stelle einen Verwaltungsbau über einen teilzerstörten Kirchenbau triumphieren ließ“.
Dabei geht es ihm um das benachbarte als Künstlerhaus genutzte ehemalige DDR-Rechenzentrum, dessen Mieter bis 2023 einen Ersatzbau in der Nähe erhalten sollen. Der DDR-Bau stünde dem Kirchenschiff im Weg. Doch von einem Abriss des Rechenzentrums hält Sabrow nichts: „Historische Stadtrekonstruktion darf nicht auf geschichtliche Glättung zielen, sondern hat die Brüche der Geschichte abzubilden.“
Der Oberbürgermeister Mike Schubert hatte unlängst vorgeschlagen, in einem entstehenden Kirchenschiff eine internationale Begegnungsstätte für Bildung und Demokratie einzurichten. Möglichst mit einem klaren baulichen Bruch zum Turm als Bruchlinie zur Geschichte der Kirche versehen, versteht er eine solche Einrichtung als ein Versprechen. Als ein Versprechen, das sich an die nachfolgende, junge Generation richtet. Es ginge darum, einen Ort neu zu schaffen, an und in dem jungen Menschen vermittelt wird, was Demokratie ausmacht, was Demokratie gefährdet und wie Demokratie gefestigt werden kann.
Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische-Oberlausitz ging noch weiter und verlangte, dass ein historisierender Aufbau des Kirchenschiffs nicht in Betracht kommt, sondern ein architektonischer Bruch zum historischen Kirchenschiff äußerlich deutlich gegeben sein muss.
Man hat manchmal den Eindruck, dass man Angst vor der Schönheit und Erhabenheit der wiederaufgebauten, originalen Garnisonkirche hat. Man muss unbedingt irgendwelche bauliche Veränderungen einbauen, damit nur ja jeder glaubt und weiß, dass es nicht das Original ist.
Wenn man sich heute die Breite Straße ohne die Garnisonkirche zwischen Schloßstraße und Dortustraße ansieht, eine Straße die ausschließlich von montonen DDR-Bauten und Bauten aus der Zeit nach der Wiedervereinigung geprägt ist, dann wird der eigentliche Bruch der Wiederaufbau der barocken Garnisonkirche in der Straße sein!
Unterschätzen nicht eher diejenigen, die Brüche an der Garnisonkirche selbst fordern, was das kollektive Gedächtnis einer Stadt ausmacht? Erinnerungen, die über mehrere Generationen gehen? Emotionale Betrachtungen, die doch zu einer wichtige Komponente gehören und die ausschlaggebend für die Identifizierung mit einem Ort sind.
Emotionen die wichtig sind, wie gerade die heftigen Debatten über den originalen Aufbau der Garnisonkirche zeigen. Wichtig für die Aufarbeitung als Lernort für unsere Geschichte gerade für kommende Generationen.
Gerade an einem Ort wie die Garnisonkirche kann man aufzeigen, dass man nicht Geschichte auslöschen oder verdrängen sollte.
Das gilt auch für die wohl unbestrittene Tatsache, dass nach der Sprengung der Garnisonkirche die DDR-Baupolitik an dieser Stelle mit dem Rechenzentrum einen Verwaltungsbau über einen teilzerstörten Kirchenbau triumphieren lassen wollte. Ein Rechenzentrum, das mit einem Mosaik geschmückt war, das diesen damaligen Anspruch nochmals hervorhob. Ein Mosaik, des Künstlers Fritz Eisel von 1972, welches heute unter Denkmalschutz steht.
Dieses Mosaik, allein ohne den Verwaltungsbau, direkt neben der barocken Garnisonkirche? Würde das nicht mehr Fragen aufwerfen und zu Debatten über die Geschichte anregen?
Phantasievolle Ideen, mutige Innovationen bei Pflege und Rekonstruktion historische Substanz unter den alten Regeln des Zusammenführens wären der Weg. Niemand interessiert es, ob der konkrete Stein nun „echt“ ist oder nicht. Entscheidend ist die Idee des Gebäudes oder des Stadtraumes.
Nicht Brüche am äußeren Gebäude selbst oder gar Chimären durch moderne Anbauten sollten die Lösung sein.
Entscheidend ist doch, ob die original rekonstruierte Garnisonkirche selbst so starke Emotionen entfacht, dass sie als Lernort deutscher Geschichte etwas für kommende Generationen bewirkt.
Von Ulrich Zimmermann