Die Reparatur der Potsdamer Mitte: ein langwieriges und schwieriges Kapitel der Stadtentwicklung.
„Lebendiges Stadtquartier- `kein preußisches Museum` “ so überschrieb die PNN am 21.12.2020 (online) einen Beitrag von Klaus Peters, der am 22.12.2020 im Neuen Deutschland (ND) nur leicht gekürzt (um 3 Sätze) unter der Überschrift erschien: „In der preußischen Puppenstube. Potsdams Stadtmitte wird zunehmend mit barocken Fassaden versehen. Der Landeskonservator sieht darin eine Krise der Architektur“. Der Beitrag wurde von dpa zur Verfügung gestellt.
Der Berliner Tagesspiegel steht seit seiner Gründung 1945 unter dem Motto „den Dingen auf den Grund gehen“ und damit auch sein Nebenblatt, die Potsdamer neuesten Nachrichten (PNN). Ist die oben zitierte Überschrift in der PNN noch verhalten, so dreht das ND einseitig auf und zeigt damit schon die ablehnende Haltung zur Gestaltung der Potsdamer Mitte deutlich an. Das ist dann aber auch die einzige redaktionelle Bearbeitung des von dpa verbreiteten Artikels. Eine weitere inhaltliche Durchsicht erfolgte offensichtlich nicht.
Nun gefällt sich seit einiger Zeit eine kleine lautstarke toxische Minderheit in Potsdam, die langangelegte Stadtreparatur im Herzen der Stadt lautstark zu diskreditieren und in der neuen Art und Weise gar nicht mehr das Gespräch zu suchen, sondern alle, die nicht ihrer Meinung sind, zu beleidigen, auszugrenzen und zu versuchen, sie ins gesellschaftliche Abseits zu stellen.
Man selbst hat dabei natürlich immer recht [wir erinnern uns: Die Partei hat immer Recht..], so dass ein sachliches Auseinandersetzen mit der Gegenseite schon prinzipiell ausgeschlossen und somit auch nicht erforderlich ist. Diese Art und Weise, zu versuchen, seine Meinung aggressiv, diffamierend und rücksichtslos durchzusetzen, kann man inzwischen auf allen Ebenen des Gesellschaftlichen Lebens erleiden, so nun auch hier.
Seit vielen Jahren kennen wir das im Zusammenhang mit der Rekonstruktion der Garnisonkirche; nun ist eine ähnliche ideologische Verfemung in der Potsdamer Mitte angekommen: Die Potsdamer Mitte sei ein klarer Ausdruck „einer konservativen, zum Teil rechtsnationalen und identitätsstiftenden Stadtpolitik“. Ist vielleicht eher „identitär“ gemeint?
Wir beklagen alle diese Verrohung der Sprache und eine derartige Bekämpfung anderer Meinungen und sind erschrocken, welchen Umfang das inzwischen angenommen hat. Man darf sich aber nicht mehr wundern, wenn selbst die bisher für seriös geltende PNN derartige Entgleisungen einfach unreflektiert wiedergibt und damit hoffähig macht. Das hat es früher beim Tagesspiegel nie gegeben; man erinnere sich an die brillanten Redakteure wie Günther Matthes und Günther Kühne u. a., die die Stadtentwicklung immer kritisch begleiteten aber sich niemals erlaubt hätten, sich so in ihren Beiträgen zu vergreifen.
Wenn sich dann auch noch ein in diesem Fall gar nicht zuständiger Landeskonservator, ein höherer Staatsbeamter, gewissermaßen als Kronzeuge dem obigen „Argumentationsgang“ beiseitestellt, wird es unappetitlich, wenn er behauptet: „Das [die Rekonstruktion in Potsdam] bildet schon jetzt nicht mehr das Meinungsspektrum in der Stadtgesellschaft ab.“ Woher will er das wissen?
Die demokratisch gefassten Beschlüsse zur Stadtreparatur, die seit
30 Jahren wiederholt einmütig bzw. mehrheitlich für die kritisierte Aufbaupolitik gefasst wurden, werden regelmäßig durch die Wahlergebnisse gestützt und stellen also ein eindeutiges Votum für diese Form der Wiederherstellung der Mitte dar. Dass da sich eine Minderheit selbst ausgrenzt, ist nicht das Problem der Mehrheit der Stadtgesellschaft. Was steckt da für ein Demokratieverständnis dahinter?
Er selbst muss sich vielmehr fragen lassen, warum er der Entwicklung des geplanten Digitalzentrums südlich des Potsdamer Hauptbahnhofes, welche eine extreme architektonische Übertönung der denkmalgeschützten Hallen des ehemaligen RAW entgegen der Rechtsprechung des OVG zur Folge haben wird, so einfach zulässt? Bürger befürchten nicht zu Unrecht eine negative Beeinträchtigung des dortigen Stadtviertels in wirtschaftlicher, städtebaulicher und sozialer Hinsicht.
Bevor man also als seriöse Zeitung von dpa ungeprüft einen derartigen, aus meiner Sicht unseriösen Beitrag übernimmt, sollte man sich des eigenen Motos erinnern und entsprechend verantwortungsvoll handeln. Es ist m. E. nicht die Aufgabe von verantwortungsbewussten Medien und Politikern jedweder „Berufsempörungskompetenz“ hinterherzujagen und ihnen den Hof zu machen.
Andreas Kalesse, Potsdamer Stadtkonservator a. D., Berlin, den 28.12.2020