Andreas Kallesse, Potsdamer Stadtkonservator a.D., empört sich!

Die Reparatur der Potsdamer Mitte: ein langwieriges und schwieriges Kapitel der Stadtentwicklung.

Andreas Kalessse Foto Andreas Klaer PNN

„Lebendiges Stadtquartier- `kein preußisches Museum` “ so überschrieb die PNN am 21.12.2020 (online) einen Beitrag von Klaus Peters, der am 22.12.2020 im Neuen Deutschland (ND) nur leicht gekürzt (um 3 Sätze) unter der Überschrift erschien: „In der preußischen Puppenstube. Potsdams Stadtmitte wird zunehmend mit barocken Fassaden versehen. Der Landeskonservator sieht darin eine Krise der Architektur“. Der Beitrag wurde von dpa zur Verfügung gestellt.

Alter Markt Potsdam Eröffnung Museum Barberini

Der Berliner Tagesspiegel steht seit seiner Gründung 1945 unter dem Motto „den Dingen auf den Grund gehen“ und damit auch sein Nebenblatt, die Potsdamer neuesten Nachrichten (PNN). Ist die oben zitierte Überschrift in der PNN noch verhalten, so dreht das ND einseitig auf und zeigt damit schon die ablehnende Haltung zur Gestaltung der Potsdamer Mitte deutlich an. Das ist dann aber auch die einzige redaktionelle Bearbeitung des von dpa verbreiteten Artikels. Eine weitere inhaltliche Durchsicht erfolgte offensichtlich nicht.

Nun gefällt sich seit einiger Zeit eine kleine lautstarke toxische Minderheit in Potsdam, die langangelegte Stadtreparatur im Herzen der Stadt lautstark zu diskreditieren und in der neuen Art und Weise gar nicht mehr das Gespräch zu suchen, sondern alle, die nicht ihrer Meinung sind, zu beleidigen, auszugrenzen und zu versuchen, sie ins gesellschaftliche Abseits zu stellen.

Man selbst hat dabei natürlich immer recht [wir erinnern uns: Die Partei hat immer Recht..], so dass ein sachliches Auseinandersetzen mit der Gegenseite schon prinzipiell ausgeschlossen und somit auch nicht erforderlich ist. Diese Art und Weise, zu versuchen, seine Meinung aggressiv, diffamierend und rücksichtslos durchzusetzen, kann man inzwischen auf allen Ebenen des Gesellschaftlichen Lebens erleiden, so nun auch hier.

Seit vielen Jahren kennen wir das im Zusammenhang mit der Rekonstruktion der Garnisonkirche; nun ist eine ähnliche ideologische Verfemung in der Potsdamer Mitte angekommen: Die Potsdamer Mitte sei ein klarer Ausdruck „einer konservativen, zum Teil rechtsnationalen und identitätsstiftenden Stadtpolitik“. Ist vielleicht eher „identitär“ gemeint?

Wiederaufbau Garnisonkirche
Foto U. Zimmermann

Wir beklagen alle diese Verrohung der Sprache und eine derartige Bekämpfung anderer Meinungen und sind erschrocken, welchen Umfang das inzwischen angenommen hat. Man darf sich aber nicht mehr wundern, wenn selbst die bisher für seriös geltende PNN derartige Entgleisungen einfach unreflektiert wiedergibt und damit hoffähig macht. Das hat es früher beim Tagesspiegel nie gegeben; man erinnere sich an die brillanten Redakteure wie Günther Matthes und Günther Kühne u. a., die die Stadtentwicklung immer kritisch begleiteten aber sich niemals erlaubt hätten, sich so in ihren Beiträgen zu vergreifen.

Wenn sich dann auch noch ein in diesem Fall gar nicht zuständiger Landeskonservator, ein höherer Staatsbeamter, gewissermaßen als Kronzeuge dem obigen „Argumentationsgang“ beiseitestellt, wird es unappetitlich, wenn er behauptet: „Das [die Rekonstruktion in Potsdam] bildet schon jetzt nicht mehr das Meinungsspektrum in der Stadtgesellschaft ab.“ Woher will er das wissen?

Die demokratisch gefassten Beschlüsse zur Stadtreparatur, die seit
30 Jahren wiederholt einmütig bzw. mehrheitlich für die kritisierte Aufbaupolitik gefasst wurden, werden regelmäßig durch die Wahlergebnisse gestützt und stellen also ein eindeutiges Votum für diese Form der Wiederherstellung der Mitte dar. Dass da sich eine Minderheit selbst ausgrenzt, ist nicht das Problem der Mehrheit der Stadtgesellschaft. Was steckt da für ein Demokratieverständnis dahinter?

Er selbst muss sich vielmehr fragen lassen, warum er der Entwicklung des geplanten Digitalzentrums südlich des Potsdamer Hauptbahnhofes, welche eine extreme architektonische Übertönung der denkmalgeschützten Hallen des ehemaligen RAW entgegen der Rechtsprechung des OVG zur Folge haben wird, so einfach zulässt? Bürger befürchten nicht zu Unrecht eine negative Beeinträchtigung des dortigen Stadtviertels in wirtschaftlicher, städtebaulicher und sozialer Hinsicht.

Visualisierung: J. Mayer.H Architekten

Bevor man also als seriöse Zeitung von dpa ungeprüft einen derartigen, aus meiner Sicht unseriösen Beitrag übernimmt, sollte man sich des eigenen Motos erinnern und entsprechend verantwortungsvoll handeln. Es ist m. E. nicht die Aufgabe von verantwortungsbewussten Medien und Politikern jedweder „Berufsempörungskompetenz“ hinterherzujagen und ihnen den Hof zu machen.

Andreas Kalesse, Potsdamer Stadtkonservator a. D., Berlin, den 28.12.2020

Andreas Kalesse
Erinnerungsarchitekturen in Potsdam aus Denkmalschutz und Denkmalpflege in Potsdam 2017

Andreas Kalesse. Matthias Kartz, Peter Petersen
Denkmalpflege in einem Gesamtkunstwerk aus Bauwelt 1991

Mitteschön Weihnachtgrüße 2020

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Liebe Freunde der schönen Mitte, liebe Mitteschöns,

es ist schon ein besonderes Jahr gewesen, ein Jahr voller Ausnahmezustände.

Trotz alledem, wächst und gedeiht so vieles, was wir angedacht und befördert haben. Immer, wenn ich die Breite Straße mit dem Auto entlangfahre und die Baustelle der Garnisonkirche sehe, springt mein Herz voller Freude. Hier wächst kontinuierlich eine Kirche, über dessen Kirchenschiff und Nutzung wir uns ausgiebig Gedanken machen. Da sind wir, so glaub ich, die Einzigen, die schon konkrete Vorstellungen dahingehend haben. www.mitteschoen.de/2019/10/16/vision-fuer-die-garnisonkirche/–Vision

Nach Stadtschloss und Alter Markt, war unser Fokus in diesem Jahr auf das Areal um die Plantage gerichtet. Dort geht es nun trotz Corona mit Riesenschritten weiter. Das neue Kreativzentrum entsteht und die Werner Seelenbinder Straße bekommt neue kleinteilige Häuser mit einer Ladenzeile. Die Firma Glockenweiß hat einen hoch akzeptablen Entwurf geliefert, mit dem wir sehr zufrieden sein können. Sie versicherte uns in einem persönlichen Gespräch, dass auch das Unger Portal jetzt mit einbezogen und nach außen präsent sein wird. Das alles wird aus dieser jetzt noch toten Zone eine belebte Straße machen!

Wir dürfen uns darauf freuen!

Auch am Alten Markt geht es bald weiter. Die Vorbereitungen für Block III sind abgeschlossen. Im Frühjahr werden wir die ersten Bauarbeiten sehen. In Vorbereitung ist Block IV. Hier bemühen wir uns, dass das Probenhaus wenigstens annähernd wieder entsteht. Die nächste Zeit wird wirklich spannend. Der Platz wird endlich seine letztendliche Form bekommen und auch Achtecken ist im werden. Ein Wehrmutstropfen gibt es zwar hier zu benennen: In einem Anflug von angeblicher Frauengerechtigkeit wurde von der SVV die Umbenennung der alten historischen Straßen mit neuen weiblichen Namen abgesegnet. Die Investoren, so kann man sich vorstellen, sind not amused. Wir auch nicht! Doch weiß ich aus DDR-Erfahrung, dass Straßennamen zurückkehren können, wenn ihre Umbenennung aus politischen Momenten heraus beschlossen wurde.

Sorgenkind Synagoge hängt nach wie vor in der Luft. Die Fronten sind verhärtet und das Verständnis vom Land über die einzelnen Strukturen und Befindlichkeiten der Gemeinden sehr lückenhaft. Plattner hat sich des Minsk angenommen und die Stadtschlossfiguren gespendet, die kürzlich hochgezogen wurden. Der Mann ist nicht mit Gold aufzuwiegen! Auch Jauch hat sich wieder stark eingebracht. Mit seiner Spende konnten wir den Panoramarundgang fertigstellen, der jetzt noch kontinuierlich weiterentwickelt wird.

https://start.panoramatourpotsdam.de/de/vt/potsdam1850?view.hlookat=19.55&view.vlookat=-20.89&v

Alles in allem ein doch erfolgreiches Jahr! Wir wünschen allen Mitstreitern und Mitdenkern ein besinnliches Weihnachtsfest und vor allem ein gesundes Neues Jahr!

Barbara Kuster für Mitteschön

Sechs neue Attikaskulpturen auf dem Potsdamer Stadtschloss: Dank Hasso Plattner

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Andromdea fliegt auf das Stadtschloss
Foto: Landtag Brandenburg

Wieder einmal hat Prof. Hasso Plattner, nach der Rekonstruktion des Potsdamer Stadtschlosses mit historischen Kupferdach den Potsdamern ein Geschenk gemacht. Zehn Attikaskulpturen kehren dank einer Spende seiner Stiftung auf das Dach des Landtages zurück. Am 24.11.2020, am 3.12.2020 und zuletzt am 9.12.2020 wurde 6 der 10 Attikaskulpturen auf den südwestlichen Flügel des Corps de Logis aufgestellt.

Urania, die Muse der Sternenkunde
Foto Landtag Brandenburg

Das Dach bevölkert sich an prominenter Stelle: An der südwestlichen Spitze haben sich damit noch vier Musen zu Andromeda und Perseus gesellt, nämlich Urania, die Muse der Astronomie, Terpsichore, die für Chorlyrik und Tanz steht, Erato, die Muse der Liebesdichtung, und Polyhymnia, die Muse der Hymnendichtung.

Halbgott Perseus
Foto Landtag Brandenburg
Polyhymnia die Muse der Hymnendichtung
Foto Landtag Brandenburg
Erato, die Muse der Liebesdichtung
Foto Landtag Brandenburg
Terpsichore die Muse der Chorlyrik und des Tanzes in der Werkstatt des SPSG
Foto U.Zimmermann

Die restlichen vier kommen auf den nordöstlichen Kopfbau, den sogenannten Theaterflügel, also gegenüber dem Museum Barberini. Dazu gehören Penelope und ihr Mann Odysseus, die Nymphe Eurydike und die römische Weisheitsgöttin Minerva.

Minerva Foto SPSG

Bei Eurydike handelt es sich um das einzige Original von den zehn Skulpturen. Die restlichen sind Kopien, da die rund 250 Jahre alten Originale zum Teil stark beschädigt sind oder nicht mehr existieren.
Neben Eurydike ist auch die Minerva-Skulptur erhalten.

Die Restaurierung des Originals erfolgte mithilfe des Erlöses aus einer Versteigerungauktion von Mitteschön, von Kunstwerken u.a. von Wolfgang Joop, Julia Theek und des Potsdamer Malers Paul August.

Der Zustand der Skulptur erlaubte jedoch keine Wiederaufstellung. Deshalb wurde eine Kopie durch den Verein Potsdamer Stadtschloss e.V. angefertigt. Neben den Restauratoren der SPSG waren mehr als zehn freiberufliche Restauratoren und Bildhauer aus Berlin, Potsdam und Sachsen an dem Projekt beteiligt.

Depot SPSG Foto: U. Zimmermann

Ende Oktober 2020 wurden die ersten Gerüste aufgestellt. Die letzte Figur wurde am 9.12. 2020 aufgestellt. Am 11.12.2020 erfolgt die Abnahme.

All dies erfolgte, ohne das weder der Landtag Brandenburg, noch die SPSG, noch die Landeshauptstadt Potsdam die Bevölkerung davon im vorherein informierte, wie der Verein Potsamer Stadtschlossverein e.V. es bisher immer gemacht hatte. Leider eine beschämendes Beispiel für die Öffentlichkeitsarbeit und Einbeziehung der Potsdamer Bürger durch die drei Institutionen bei der Wiederherstellung des Potsdamer Stadtschlosses und der Wiedergewinnung der Potsdamer Mitte. Damit auch eine wenig herzliche Würdigung des grossartigen Mäzens unserer Stadt, Herrn Prof. Hasso Plattner, der dafür wiederum eine siebenstellige Summe gespendet hat.
Es ist zu hoffen, dass man bei der Aufstellung der weiteren vier Attikaskulpturen auf dem nordöstlichen Kopfbau, die Potsdamer Bevölkerung rechtzeitig wieder teilhaben lässt.

1946

https://cms.panomaker.de/de/vt/potsdam1850/d/124684/siv/1