Baukunst und Barbarei

In Leipzig und Potsdam sollten zwei von der SED gesprengte Kirchen rekonstruiert werden.
Jetzt aber laufen die Kritiker Sturm.
Warum die Zukunft der Gotteshäuser alle angeht.
Dankwart Guratzsch, die WELT, Seite 21 vom 17.10.2019

Mit den Kirchen haben viele Linke und Altkommunisten in den neuen Bundesländern noch eine Rechnung offen. Die Revolution, die vor 30 Jahren den SED-Staat zu Fall gebracht hat, ist aus ihren Mauern hervorgegangen. Diesen Hintergrund muss man kennen, um die Missgunst zu verstehen, mit dem Kirchenbauprojekte heute vielfach verfolgt werden. In den Fokus derartiger Angriffe geraten erst recht solche Vorhaben, die die Barbarei der Kirchenschleifung, die unter Walter Ulbricht ihren Höhepunkt erreicht hatte, wenigstens partiell wiedergutmachen sollen.

Vor genau 51 Jahre fielen dieser antichristlichen ”Flurbereinigung” zwei prominente Gotteshäuser zum Opfer: die kriegsversehrte Garnisonkirche in Potsdam und die völlig intakte gotische Universitätskirche in Leipzig. Diese beiden Kirchen sind – ganz unabhängig voneinander – gerade jetzt erneut Attacken ausgesetzt, die auf ihre kirchliche Nutzung zielen. In Potsdam wird versucht, den beschlossenen Wiederaufbau der Barockkirche nachträglich erneut infrage zu stellen.

Historische Leipziger Universitätskirche

In Leipzig hat die Universität verfügt, dass vom zugesagten Wiedereinbau der barocken Kanzel endgültig abzusehen ist. Wenn sich dabei kirchenfremde und -feindliche Kräfte in den östlichen Ländern mit allzeit gutgläubigen Linksintellektuellen, Neomarxisten und Kulturwächtern aus der westlichen Bundesrepublik verbünden, die arglos und verbissen noch immer der reinen Lehre des einstigen Kunstpapstes Georg Dehio anhängen, nach der jede exakte Rekonstruktion untergegangener Gebäude des Teufels ist, so darf diese ungleiche Genossenschaft nicht von den tieferen Gründen dieses Kampfes ablenken. Tatsächlich geht es auch heute noch und heute wieder um den Rang und die Position des Kirchengebäudes in der modernen Stadt.

Ohne dass dies explizit propagiert worden wäre, war den Kirchen ihre herausragende Stellung im Stadtkörper von den führenden Repräsentanten der architektonischen Moderne schon unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg abgesprochen worden. Diejenigen, die sich im Arbeitsrat für Kunst und in der Novembergruppe zusammengefunden hatten, Künstlervereinigungen, die sich schon in ihrer Namensgebung an sowjetische Vorbilder anlehnten, entwarfen Stadtbilder, in denen der traditionelle Platz des Kirchengebäudes von ”Volkshäusern”, ”Kulturpalästen” oder Sternwarten eingenommen wurde. Zu Berühmtheit haben es insbesondere die Stadtvisionen von Bruno Taut gebracht, die mit ihren pathetisch aufgetürmten säkularen Dominanten, sogenannten Stadtkronen, den Kirchen nicht nur ihren Platz in der Stadt streitig machten, sondern auch jede Erinnerung an ihre Rolle übertrumpfen sollten.

Exakt in diese Tradition stellte sich die DDR. In Potsdam wurde das Grundstück der Kirche durch ein Datenverarbeitungszentrum mit dem banalen architektonischen Vokabular, das die Architekturmoderne für das gemeine Funktionsgebäude zur Verfügung stellt, besetzt. In Leipzig wuchtete Hermann Henselmann ein Hochhaus neben die Universität, das mit seiner platten Symbolik des aufgeschlagenen Buches jeden Gedanken an die Überhöhung des Daseins durch Religion erschlagen sollte.

DDR Datenverarbeitungszentrum Potsdam
Wolfram Baumgardt/Mitteschön

Nun ist der Streit in beiden Städten neu entbrannt. Dabei erweist sich die Situation Potsdams als besonders heikel. Denn niemand kann leugnen, dass die Garnisonkirche in einem unseligen Augenblick der Geschichte symbolisch für die Weihe des Nazistaates durch den Reichspräsidenten Hindenburg stand. Dieser Umstand dient allen Gegnern des Wiederaufbaus bis heute als zentrales Argument.

Demgegenüber argumentieren die Verteidiger mit dem künstlerischen Rang des zu diesem Datum exakt 200 Jahre alten Bauwerks von Philipp Gerlach, das schon der Kunstgeschichte Dehios als ”bedeutendster Sakralbau des preußischen Barock” galt. Zudem sei die Kirche durch den Widerstand des durch die preußischen Traditionen geprägten adeligen Offizierskorps gegen Hitler gleichsam selbst geadelt. All dies solle mit dem Wiederaufbau der Kirche in die Erinnerung zurückgeholt werden.

Gerlach Philipp (1679-1748), Garnisonkirche, Potsdam (1920): Ansicht. Foto, 40,1 x 40,3 cm (inkl. Scanränder). TU Architekturmuseum Inv. Nr. F 0518.

Der darin angelegte innere Widerspruch gehört zu den prägenden Aspekten des Streits, der sich an diesem Gebäude entzündet. Die Gegner, geschart um den Architekturtheoretiker Philipp Oswalt, unterstellen ein ”verzerrtes und bewusst verfälschtes Geschichtsbild, das wesentliche Fakten der Kirchengeschichte ausblendet und einige wahrheitswidrig verfälscht”. Ausgeblendet würden ”die Rolle der Militärkirche bei den Kriegsverbrechen in den Deutschen Kolonialkriegen, im Ersten und im Zweiten Weltkrieg.” Außerdem sei das Wiederaufbauprojekt ”von dem rechtsradikalen ehemaligen Bundeswehroffizier Max Klaar 1984 initiiert und betrieben worden”. Vom Kunstwert des Bauwerks ist nur in einem Halbsatz die Rede.

Erstaunlicherweise hat Oswalt für dieses Plädoyer die Unterschriften selbst einiger namhafter Architekten gewinnen können, und das, obwohl er auf nichts Geringeres als auf bewusst anzubringende Retuschen beim Wiederaufbau des historischen Originals zielt. ”Ich halte es für erforderlich”, schreibt Oswalt, ”dass auch die architektonische Gestaltung innen wie außen erkennbar von dem historischen Bau differiert.” Als Beispiel nennt er die Embleme und die bildhauerische Ornamentik der Kirche mit ”Waffenschmuck und Kriegstrophäen”, mit deren Rekonstruktion offenbar etwas ”zum Ausdruck” gebracht werden solle. Die Argumentation bedient sich hier der alten fragwürdigen Vorstellung, dass man historische Bauwerke ”entgiften” müsse, um sie für zarte Demokratenseelen erträglich zu machen. Aber eine nachträglich zensierte Geschichte kann es nicht geben. Sie würde Narrativen vorarbeiten, die Geschehenes als ”halb so schlimm” und ”überbewertet” erscheinen lassen wollen.

Einen ersten Erfolg verbucht Oswalts Initiative bereits mit der Abschaltung des berühmten Glockenspiels, das als Vorleistung für den Wiederaufbau mit Privatspenden rekonstruiert worden ist. Was vorher niemand bemerkt hatte: Die Namen der Stifter, darunter rechtsnationale Soldaten- und Traditionsbünde aus dem Umkreis von Max Klaar, sind den Glocken als Widmung eingraviert. Das ist zwar übliche Praxis bei größeren Spenden, verleiht den Glocken aber nach Meinung des Kritikers ”rechtsradikale Hintergründe”. Für Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) ist es Anlass genug, erst einmal ”wissenschaftliche Untersuchungen” anzukündigen.

Protestsingen am abgestellten Glockenspiel

Aber hat man da die Botschaft der Glocken wirklich richtig verstanden, die ja keine Kriegsgesänge intonieren, sondern mit den von König Friedrich Wilhelm III. persönlich ausgesuchten Melodien ”Üb immer Treu und Redlichkeit” und ”Lobe den Herren”, dem Lieblingschoral von Königin Luise, zu Frömmigkeit und Versöhnung aufrufen? Wenn die Potsdamer Chronistin Dorothee Goebeler 1924 anrührend schrieb: ”Unter ihren Klängen sind unsere Großmütter schon herangewachsen, unsere Ururelternväter haben nach ihnen die eigenen Uhren gestellt”, und wenn sie dabei empfand, durch die Fenster herein komme ”der liebe alte Glockenklang wie Trost aus ewigen Höhen”, beschreibt sie eine viel nachhaltigere Wirkung dieser ”Singeuhr”, als sie jede zeitgebundene Widmung auslösen kann.

Ganz anders deshalb auch die Argumentation der bürgerlichen Initiative ”Mitteschön”, die sich dafür einsetzt, dass nicht nur der Turm, sondern auch das Kirchenschiff in historischer Gestalt rekonstruiert wird. Nur so könne das Bauwerk ”Geschichte fassbar und konkret” machen und über die kirchliche Nutzung hinaus auch durchaus erwünschte weitere Aufgaben übernehmen. Über allem aber steht für diesen Bürgerverbund das Ziel, nach dem bereits wieder aufgebauten Schloss ”das zweite historische Gebäude” für Potsdam zurückzugewinnen, das ein ”historisches Erkennungszeichen der Stadt” war.

Garnisonkirche im Orginal Wolfram Baumgardt/Mitteschön

Dass der Fall in Leipzig anders liegt, erhellt schon daraus, dass die Universitätskirche nach endlosem Ringen, wenn auch in veränderter Gestalt, wiederaufgebaut ist und sich der einstigen Doppelnutzung durch Kirche sowie Universität erfreut. Am 10. September aber hat der Akademische Senat der Uni ”ohne Einbeziehung des Bauherrn und des Universitätspredigers” beschlossen, die historische Kanzel, die aus der zur Sprengung vorgesehenen Kirche gerettet worden war, nicht wieder anbringen zu lassen. Den Universitätsprediger und Hochschulprofessor Peter Zimmerling trifft es wie ein Schlag. In einem ”Offenen Brief” an die Rektorin Beate Schücking fordert er jetzt, die vertraglich festgeschriebene Entscheidung zur Rekonstruktion nicht zu widerrufen.

Historische Kirchenkanzel Leipzig Universitätskirche

Nach dem überwiegend modernen Wiederaufbau sollte wenigstens mit der Kanzel an die Geschichte von Dominikaner-Kirche und Universität angeknüpft werden. Aus ihr ist ja die Universität historisch überhaupt erst hervorgegangen. Gegen ihre Sprengung haben Studenten aufbegehrt, die wegen ihrer an die Geschwister Scholl erinnernden Flugblattaktionen im Gefängnis saßen.

Für ihren Wiederaufbau haben sich neben hochrangigen deutschen Repräsentanten der Kulturszene auch amerikanische Nobelpreisträger eingesetzt. Und dabei ist es immer auch und gerade die Kanzel gewesen, um deren Rückkehr gerungen wurde. Sie spiele, so der frühere sächsische Landeskonservator Heinrich Magirius, ”eine entscheidende Rolle als Bindeglied zwischen dem Chor und dem Langhaus. Eine andere Stelle als die historisch vorgegebene ist für die Kanzel kaum denkbar.” Aber gerade um ”diese entscheidende Rolle” geht es.

Wie wichtig die Kanzel, das einzige erhaltene Werk des Holzbildhauers Valentin Schwarzenberger in Leipzig, für das Paulinum tatsächlich ist, bezeugt auch der langjährige Vorsitzende des Leipziger Paulinervereins, Ulrich Stötzner. In dem modern gestalteten Kirchenschiff sei sie ”das einzige originale Zeugnis aus der völlig erhaltenen, jedoch sinnlos und mutwillig zerstörten gotischen Hallenkirche im Langhaus des Neubaus”. Zudem ist sie von kirchengeschichtlicher Bedeutung. Auf ihr haben Martin Niemöller und Nobelpreisträger Nathan Söderblom gestanden, die damit ihrerseits in die Predigttradition keines Geringeren als Martin Luther traten. Luther wiederum ist es gewesen, der an diesem Ort Christus mit den Worten zitiert hat: ”Dieses Haus ist nicht dazu gebaut, um euch als Kuhstall und Taubenhaus zu dienen.”

Gegen die Denkmalpflege, gegen den Universitätsprediger und gegen den Paulinerverein macht sich nun ausgerechnet die Universität zum Anwalt der Erhaltung der Kanzel. Diese sei, so das Argument, innerhalb des Paulinums nicht mehr gewährleistet. Nachdem bereits die gesamte kirchliche Ausstattung samt Altar hinter einer raumhohen Glaswand weggeschlossen und somit aus dem einstigen Kirchenschiff ausgesperrt worden sind, will man nun verhindern, dass mit der Kanzel ein Element kirchlicher Tradition in dieses zurückkehrt. Das wird bemäntelt mit der Behauptung, dass die Holzkonstruktion der Kanzel dem ”Raumklima” des von der Universität nur noch als Aula bezeichneten Kirchenschiffs nicht gewachsen sei. Zudem behindere die Kanzel die Sicht.

An Abstrusität, ja, Lächerlichkeit sind diese Argumente kaum zu überbieten. Und sie bedeuten den einseitigen Bruch eines Vertrages, den die Universität mit der Landeskirche, dem Freistaat Sachsen, der Stadt Leipzig und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz 2008 geschlossen hat.

Das Beste über den typisch deutschen Streit um Rekonstruktionen hat wohl der Holländer Erik van Egeraat gesagt. Es gilt für den Nachfolgebau der Leipziger Universitätskirche, den er (aus bewusster künstlerischer Entscheidung) in modernen Formen neu errichtet hat, in derselben Weise wie für den Kirchenkampf um die Potsdamer Garnisonkirche, obwohl beide Bauprojekte von Anfang an unter ganz unterschiedlichen Voraussetzungen standen. ”Wir scheiden Gut von Böse ohne viel Federlesens, wir teilen Gebäude rasch in Opfer oder Täter auf; sie werden dramatisch ,letzte Zeugen’ oder gar weniger zurückhaltend ,willige Vollstrecker’ und ,korrupte Parteigänger’ ihres Zeitgeistes genannt. Es stört uns kaum, dass wir dabei unsere eigenen fragmentarischen Ansichten auf diese Gesellschaften auf die Gebäude übertragen, die diese Gesellschaften einst errichteten.”

Egeraat, der sich zu der Philosophie bekennt: ”Architektur ist sowohl/als auch, nicht entweder/oder”, zieht zwischen Kunst und Ideologie einen klaren Trennungsstrich: ”Gebäude mögen genetischer Abdruck ihrer Zeit sein, doch weder in ihren Materialien noch in ihren Teilen stehen sie für die Ideologie der Zeit, zu der sie gehört haben. Stein bleibt Stein und ein Architrav nichts mehr als ein verzierter Balken!”

Und Egeraat stellt den Deutschen unbequeme Fragen, die er als Holländer bescheiden in ein versöhnliches ”Wir” kleidet: ”Ist solches Aburteilen gut für unsere gegenwärtige Welt, in der Vielfalt und friedlicher Pluralismus uns mehr zu bringen scheinen als Moralkeule und Dogmen? Haben wir nicht des Extremismus genug? Müssen wir uns wirklich wieder hinter neuen nationalistischen oder sogar rein antinationalistischen Dogmen verbergen?”

Die Fragen sollten in den erhitzten Gemütern hierzulande lange nachhallen.
Dankwart Guratzsch, die WELT, Seite 21 vom 17.10.2019

Vision für die Garnisonkirche

Mitteschön hat den Vorschlag des Oberbürgermeisters, im Kirchenschiff ein internationales Jugendzentrum zu errichten, zur Kenntnis genommen und versteht seinen Vorstoß als Anregung, die Diskussion zur Nutzung und Form zu eröffnen.

Mitteschön steht für den Wiederaufbau des Kirchenschiffs in seiner historischen Gestalt.

Turm und Kirchenschiff bildeten eine architektonische und harmonische Einheit, die es wiederherzustellen gilt. Der Turm als „Campanile“ steht verloren im Stadtbild. Es fehlt ihm ein architektonisches Gegengewicht.


Die Garnisonkirche denken wir als bedeutenden Teil der in Entstehung befindlichen Potsdamer Kunst- und Kulturmeile.

Die Kirche stände als Zeichen der wechselhaften Geschichte dieser Stadt und darüber hinaus auch für die deutsche Geschichte.

Nur mit dem vollständigen historischen Bauwerk kann unsere Geschichte ganz erzählt werden, eine Geschichte, die nicht nur das 20. Jahrhundert umfasst.

Vorschläge zur Nutzung:
– Gotteshaus
– Kulturkirche
– Bildungsstätte
– Jugendbegegnung

1.) Das Kirchenschiff mit seinen einst ca. 2.800 Plätzen wäre für rein kirchliche Zwecke allein nicht erforderlich. Für große und übergemeindliche Kirchenkonzerte hingegen reicht das Platzangebot der übrigen Potsdamer Gotteshäuser nicht aus (Friedenskirche 800, Erlöserkirche 1.000, Nikolaikirche 1.000 und St. Peter und Paul 1.200 Plätze)

2.) Die wachsende Stadt Potsdam verfügt über keinen ausreichend großen Versammlungs- und Konzertsaal für profane Veranstaltungen.
Das Kirchenschiff der Garnisonkirche mit einem schlichten aber architektonisch schönen Innenausbau könnte etwa für Großveranstaltungen der Stadtverwaltung für besondere Ehrungen oder Neujahrsempfänge oder für feierliche Großveranstaltungen der in Potsdam ansässigen Akademien und der Universität Potsdam genutzt werden. Insgesamt könnte die Kirche ein Ort gesellschaftlichen Treffens und der Zusammenkunft sein.

3.) Der Vorschlag von Mitteschön ist, das Kirchenschiff als Gotteshaus und Kulturkirche zu nutzen. Es gibt zahlreiche Kirchen in Deutschland, die das so praktizieren, z. B. in Frankfurt/Oder, in Prenzlau, in Wismar, die Universitätskirche Leipzig und als prominentestes Beispiel die gleichfalls wiederaufgebaute Dresdner Frauenkirche.

Nutzungsmöglichkeiten

4.) Anknüpfend an eine große Tradition des 19. Und 20. Jahrhundert sollte die Garnisonkirche wieder Aufführungsstätte großer kirchenmusikalischer Veranstaltungen sein. Sie böte neben der guten Akustik, die bei einer originalen Rekonstruktion sicher gewährleistet wäre, genug Raum für große gemeinsame Aufführungen von Oratorien und Orchesterwerken. Wir denken an Aufführungen gemeinsam mit Chören und Instrumentalisten anderer Potsdamer Gemeinden, aber auch an große internationale Chortreffen.

Konzert in der Garnisonkirche arg images/Göpel

Das Kirchenschiff hätte neben der hervorragenden Akustik genug Raum für große Oratorien- und Orchesteraufführungen.

5.) Der 17m hohe Dachstuhl des Kirchenschiffs könnte als Jugendbegegnungszentrum genutzt werden. Kleinere Räume für Jugendarbeit, Konferenzräume, Teeküche und Sanitäranlagen. Multifunktional aber auch als Hinterland für die Kulturveranstaltungen (Künstlergarderoben) aber auch gleichzeitig als Proberäume für Chöre anderer Potsdamer Gemeinden, da hier großer Raumbedarf herrscht.

6.) Die Garnisonkirche als Bildungs- und Erinnerungsstätte entsprechend dem Wiederaufbaumotto „Geschichte erinnern – Verantwortung lernen – Versöhnung leben“.

In der Nagelkreuzkapelle fanden bislang dahingehend schon hochkarätige Veranstaltungen statt, die ausgebaut werden sollten und natürlich in solch einem außergewöhnlichen und schönen Kirchenschiff noch größere Resonanz erfahren würden.

Junge Menschen für Friedensthemen sensibilisieren!

Jugendbegegnung
Podiumsdiskussion Wolfram Baumgardt/Mitteschön

7.) Die Garnisonkirche als Begegnungsort für Christen und Nichtchristen, die an einer gemeinsamen Werteorientierung interessiert sind. Potsdam bedarf solch einer Kirche, denn die Bevölkerung ist zum großen Teil durch die DDR-Zeit nicht christlich orientiert. Daher sollte dieser Ort auch Anlaufpunkt sein für Suchende, ein Ort zum Nachdenken über moralische – ethische Grundwerte.

8.) Die Garnisonkirche als internationale Begegnungsstätte mit Schwerpunkt östliche Nachbarländer. Gerade diese Kirche wäre ein Ort, der sich durch seine Geschichte anbietet, an die über Jahrhunderte bestandenen Gemeinsamkeiten anzuknüpfen, um Gespräche zur Verständigung miteinander zu führen oder auch gemeinsame Kulturveranstaltungen durchzuführen. Das wäre ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal! Gerade in der komplizierten politischen Lage mit Russland, könnten hier auf menschlicher Ebene Kontakte geknüpft werden, die im Sinne der Aufgabenstellung Versöhnung befördern. Und das ganz aktuell!

Russische und deutsche Soldaten im Seminar

9.) Wir stellen uns auch eine enge Zusammenarbeit mit dem im Umkreis der Garnisonkirche entstehenden Standort für die Kultur- und Kreativwirtschaft vor, insbesondere für Veranstaltungen, die einen
größeren Raumbedarf erfordern.

Langer Stall als Künstleratelier Pake Jeyabalan

Der denkmalgeschützte Fries des Rechenzentrums könnte an seinem originalen Standort als raumgestaltendes Element für ein Café dienen. Der Freiraum neben der Kirche könnte z.B. auch als Ausstellungsort für Exponate des Kreativzentrums genutzt werden.

Brüche mit der Geschichte sichtbar machen!
Zu Fragen anregen, auch für spätere Generationen!

Garnisonkiche mit Mosaik des Rechenzentrums Olaf Thiede/Mitteschön

Fazit:
So würde die Garnisonkirche genauso wie das Stadtsschloss unser Stadtbild enorm bereichern.
Sie würde Kultur befördern, Touristen in unsere Stadt locken und damit Geld in die Stadtkasse spülen.
Sie würde vor allem durch menschliche Begegnungen im Kleinen wie im Großen das Verständnis füreinander befördern.


Alles in allem wäre bei dieser originalen Form und mit dieser den Erfordernissen unserer Zeit entsprechenden Nutzung die Garnisonkirche ein enormer Zugewinn für unsere Stadt.

Brüche in Potsdam zeigen

Im Zusammnehang mit Rekonstruktionen wird immer wieder von deren Kritikern gefordert, man müsse Brüche zeigen.

Diese Forderung kommt ganz besonders immer beim Wiederaufbau der Garnisonkirche.

So sagte z.B. der Direktor des Potsdamer Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF), Martin Sabrow in der PNN.
Er habe mehrfach für einen Wiederaufbau der Garnisonkirche plädiert, der aber auch die DDR-Geschichte „nicht ausklammert und überdeckt – sondern im Stadtbild verankert, dass die DDR-Baupolitik an dieser Stelle einen Verwaltungsbau über einen teilzerstörten Kirchenbau triumphieren ließ“.

Dabei geht es ihm um das benachbarte als Künstlerhaus genutzte ehemalige DDR-Rechenzentrum, dessen Mieter bis 2023 einen Ersatzbau in der Nähe erhalten sollen. Der DDR-Bau stünde dem Kirchenschiff im Weg. Doch von einem Abriss des Rechenzentrums hält Sabrow nichts: „Historische Stadtrekonstruktion darf nicht auf geschichtliche Glättung zielen, sondern hat die Brüche der Geschichte abzubilden.“

Der Oberbürgermeister Mike Schubert hatte unlängst vorgeschlagen, in einem entstehenden Kirchenschiff eine internationale Begegnungsstätte für Bildung und Demokratie einzurichten. Möglichst mit einem klaren baulichen Bruch zum Turm als Bruchlinie zur Geschichte der Kirche versehen, versteht er eine solche Einrichtung als ein Versprechen. Als ein Versprechen, das sich an die nachfolgende, junge Generation richtet. Es ginge darum, einen Ort neu zu schaffen, an und in dem jungen Menschen vermittelt wird, was Demokratie ausmacht, was Demokratie gefährdet und wie Demokratie gefestigt werden kann.

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische-Oberlausitz ging noch weiter und verlangte, dass ein historisierender Aufbau des Kirchenschiffs nicht in Betracht kommt, sondern ein architektonischer Bruch zum historischen Kirchenschiff äußerlich deutlich gegeben sein muss.

Breite Straße heute und mit Garnisonkirche von Wolfram Baumgardt

Man hat manchmal den Eindruck, dass man Angst vor der Schönheit und Erhabenheit der wiederaufgebauten, originalen Garnisonkirche hat. Man muss unbedingt irgendwelche bauliche Veränderungen einbauen, damit nur ja jeder glaubt und weiß, dass es nicht das Original ist.

Wenn man sich heute die Breite Straße ohne die Garnisonkirche zwischen Schloßstraße und Dortustraße ansieht, eine Straße die ausschließlich von montonen DDR-Bauten und Bauten aus der Zeit nach der Wiedervereinigung geprägt ist, dann wird der eigentliche Bruch der Wiederaufbau der barocken Garnisonkirche in der Straße sein!

Breite Straße 2017

Unterschätzen nicht eher diejenigen, die Brüche an der Garnisonkirche selbst fordern, was das kollektive Gedächtnis einer Stadt ausmacht? Erinnerungen, die über mehrere Generationen gehen? Emotionale Betrachtungen, die doch zu einer wichtige Komponente gehören und die ausschlaggebend für die Identifizierung mit einem Ort sind.
Emotionen die wichtig sind, wie gerade die heftigen Debatten über den originalen Aufbau der Garnisonkirche zeigen. Wichtig für die Aufarbeitung als Lernort für unsere Geschichte gerade für kommende Generationen.

Gerade an einem Ort wie die Garnisonkirche kann man aufzeigen, dass man nicht Geschichte auslöschen oder verdrängen sollte.
Das gilt auch für die wohl unbestrittene Tatsache, dass nach der Sprengung der Garnisonkirche die DDR-Baupolitik an dieser Stelle mit dem Rechenzentrum einen Verwaltungsbau über einen teilzerstörten Kirchenbau triumphieren lassen wollte. Ein Rechenzentrum, das mit einem Mosaik geschmückt war, das diesen damaligen Anspruch nochmals hervorhob. Ein Mosaik, des Künstlers Fritz Eisel von 1972, welches heute unter Denkmalschutz steht.

Dieses Mosaik, allein ohne den Verwaltungsbau, direkt neben der barocken Garnisonkirche? Würde das nicht mehr Fragen aufwerfen und zu Debatten über die Geschichte anregen?

Vorschlag Mosaik mit Garnisonkirche von Olaf Thiede
Vorschlag Mosaik mit Garnisonkirche von Olaf Thiede

Phantasievolle Ideen, mutige Innovationen bei Pflege und Rekonstruktion historische Substanz unter den alten Regeln des Zusammenführens wären der Weg. Niemand interessiert es, ob der konkrete Stein nun „echt“ ist oder nicht. Entscheidend ist die Idee des Gebäudes oder des Stadtraumes.

Nicht Brüche am äußeren Gebäude selbst oder gar Chimären durch moderne Anbauten sollten die Lösung sein.
Entscheidend ist doch, ob die original rekonstruierte Garnisonkirche selbst so starke Emotionen entfacht, dass sie als Lernort deutscher Geschichte etwas für kommende Generationen bewirkt.

Von Ulrich Zimmermann

AUFRUF!

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Am 2.10. 2019 ab 18 Uhr – am Vorabend des Tages der Deutschen Einheit an der Nikolaikirche am Alten Markt in Potsdam

Mitteschön startet eine Aktion für die Bürger Potsdams, die nicht mit der Umbenennung der historischen Straßen am Alten Markt einverstanden sind.

Sie wurden nicht gefragt! Politisch motivierte Straßennamen gehören nicht in einen Stadtkern, denn sie unterliegen den wechselnden Zeiten.

Wir haben nichts gegen die Ehrung von verdienten Frauen unserer Stadt, aber nicht an dieser Stelle.

Die Umbenennung nimmt unserer Mitte das, was noch authentisch verblieben ist.

Wir rufen alle Bürger auf, sich  am 2.10. ab 18 Uhr – am Vorabend des Tages der Deutschen Einheit -an der Nikolaikirche einzufinden.
Dort wird Mitteschön stehen und Postkarten verteilen, die man an unseren Stadtpräsidenten schicken kann, um zu protestieren.  

https://www.pnn.de/potsdam/strassenumbenennungen-die-initiative-mitteschoen-kuendigt-protest-an/25063516.html