Die 1991 auf der Plantage in Potsdam aufgestellte Nachbildung des Glockenspiels der Garnisonkirche Potsdam ist am 19. Juli 2021 in die Denkmalliste aufgenommen. Hier die Begründung des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLDAM)
Für das Potsdamer Glockenspiel wurden bereits in den 80-iger Jahren in Westdeutschland Spenden gesammelt. Es sollte damals mit dem Glockenspiel ein Symbol für den Wiederaufbau der Potsdamer
Garnisonkirche geschaffen werden, um den Gedanken der Wiedervereinigung Deutschlands im Bewusstsein der deutschen Bevölkerung wachzuhalten. Mit der Initiative wollte die damalige Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel e. V. auch zur Entwicklung einer europäischen Bürgergesinnung beigetragen, die auf Toleranz, Rechtsstaatlichkeit, demokratischen Umgang miteinander und sozialen Ausgleich aufbauen sollte. Namhafte Spender, wie der damalige Bundepräsident Richard von Weizäcker und weitere mehr als 3.500 Spender aus der Bevölkerung haben das Projekt unterstützt.
1991 wurde das Glockenspiel der Landeshauptstadt Potsdam geschenkt und spielte bis 2019 wie das historische Glockenspiel halbstündlich und stündlich die beiden Kirchenlieder „Üb immer Treu und Redlichkeit“ und „Lobet den Herren“.
Von Beginn war das Glockenspiel auf der Plantage ein polarisierendes Streitobjekt in der Potsdamer Stadtgesellschaft, war es doch immer verbunden mit dem umstrittenen Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche. Nach dem Baubeginn des Turmes der Garnisonkirche benutzten die Wiederaufbaugegner der Garnisonkirche das Glockenspiel und hier insbesondere Teile der Inschriften auf den Glocken als Forderung, das Glockenspiel wegen „revisionistischer, rechtsradikaler und militaristischer“ Inschriften abreißen zu lassen. Der Oberbürgermeister Mike Schubert entschied deshalb in 2019 das Glockenspiel, trotz Protest aus der Bevölkerung abzuschalten.
Anschließend gab die LHP den Auftrag für ein Gutachten an das ZZF-Potsdam, das Glockenspiel wissenschaftlich aufzuarbeiten und die Debatten um seine Entstehung und Aufstellung zu rekonstruieren. Das Gutachten von Herrn Dominik Juhnke vom ZZF-Potsdam spricht sich gegen eine Entfernung des Glockenspiels aus, weil damit ein spannendes Kapitel der Potsdamer Geschichte nach der deutschen Wiedervereinigung getilgt werden würde.
Mit seinem Erhalt dagegen, verbunden mit einem Vermittlungsangebot zu seiner Geschichte etwa als Open-Air-Ausstellung, mit multimedialem Einsatz oder als Teil einer Erinnerungslandschaft, kann jetzt das „Iserlohner Glockenspiel“ ein unbequemes obgleich unkonventionelles Wahrzeichen der Landeshauptstadt sein. Als Zeitzeugnis der Wiedervereinigung aus westdeutscher Sicht der 1980er Jahre und zugleich Teil der Potsdamer Stadtgeschichte ab 1991 kann das Instrument eine differenzierte Kontextualisierung erfahren, die jedem Betrachter ein eigenes Bild über den Charakter der Iserlohner Initiative und der Glockeninschriften erlaubt.
Es kann gleichzeitig ein wichtiger Erinnerungsort auf der geschichtsträchtigen Potsdamer Kunst- und Kulturmeile sein, die zukünftig vom Altem Markt, über neuen Markt, Kutschstall und neuem Kunst- und KreativQuartier bis zur Plantage an der rekonstruierten Garnisonkirche reicht. Ein Erinnerungsort, der mit dem Denkmal aufzeigt, dass unsere Geschichte vielschichtig ist.