Andreas Kitschke Recherche zu Hitlers “Jedem das Seine” in einem Atemzug mit dem preußischen Wahlspruch “Suum cuique”
Andreas Kitschle:
Es stört mich zunehmend, dass immer wieder weitgehend von Halbwissen geprägte oder ganz frei von Fakten formulierte Beiträge in “unsere” Zeitungen gelangen. Dazu gehören solche, die Hitlers “Jedem das Seine” in einem Atemzug mit dem preußischen Wahlspruch “Suum cuique” nennen. Es ist an der Zeit, die an KZ-Tore angebrachte Perversion vom usprünglichen Sinn des Spruchs deutlich zu unterscheiden und nicht Friedrich I. oder Diejenigen, die sich darauf berufen für diese perfide Sinnentstellung verantwortlich zu machen!
Die nachfolgenden Zitate aus den Statuten des “Hohen Ordens zum Schwarzen Adler” von 1701 (Kopie im Anhang) lassen nämlich sehr genau erkennen, welche Geisteshaltung wirklich hinter dieser Devise steckt, und sie erläutern nebenher auch die Symbolik der Wetterfahne der Garnisonkirche!
In den Zitaten aus der beiliegenden Kopie der Statuten sind die Pflichten der Ordensleute festgeschrieben. Die betreffenden Passagen lauten (Hervorhebungen von mir):
Auf Seite 5 wird erläutert, wofür der Adler als Sinnbild steht:
“Hierzu hat Uns der Orden vom Schwartzen oder dem Preußischen Adler […] sehr beqvem gedaucht: […] weilen Er ein König des Geflügels / und ein Sinnebild der Gerechtigkeit ist […].”
Auf Seite 6f. wird ausgeführt, was die Devise “Suum cuique” bedeutet:
“Und als ein Bild der Gerechtigkeit zeiget er eben den Endzweck Unseres Reiches und Ordens an / und worauf beydes abzielet; nemlich Recht und Gerechtigkeit zu üben / und jedweden das Seine zu geben; Welches desto deutlicher auszudrucken / Wir dem Adler in der einen Klaue einen Lorbeer-Krantz / in der andern Donner-Keile / und über dem Haupt den Spruch: SUUM CUIQUE zur Uberschrifft verordnet:
Mit dem Krantze die Gerechtigkeit der Belohnungen / mit dem Donner-Keilen die Gerechtigkeit der Straffen / und mit dem SUUM CUIQUE die allgemeine Unpartheilichkeit anzudeuten / nach welcher nicht nuir einem und dem andern; sondern allen durchgehends und einem jedweden nach Verdiensten das Seine geleistet werden sollte.”
Und zum zur Sonne auffliegenden Adler, dem Motiv der Turmwetterfahne der Garnisonkirche, heißt es S. 7f.:
“Zu geschweigen / daß weilen der Adler / wie bekandt / allezeit in die Sonne zu sehen pfleget / und nach nichts geringem noch niedrigen trachtet / Er mit diesen Eigenschaften Uns auch im Geistlichem zum Sinnbilde dienen und anzeigen kan: Wie Wir und Unsere Ritter Unsere Zuversicht und Vertrauen eintzig und allein zu GOtt dem Allerhöchsten erheben / und durch das SUUM CUIQUE nicht allein den Menschen was den Menschen gehöret; sondern auch selbst dem Allerhöchsten das Sein / und GOtt was GOttes ist zu geben / Uns miteinander verbunden; nemlich zu einer Pflicht die Wir Unseren Rittern vor allen andern Pflichten auferlegt und angepriesen haben wollen.”
Leider sind diese Ziele, wie wir wissen, zwar in der Praxis nicht immer angewandt worden, aber waren sie deshalb falsch?